Methoden in der Verhaltenstherapie – die Exposition

Die Exposition – oder auch Konfrontationsbehandlung genannt – gehört zum Standardrepertoire verhaltenstherapeutischer Interventionen. Sie ist eine Therapietechnik, die jedoch bei der Behandlung von Angsterkrankungen oft einen großen Stellenwert in der Therapie einnimmt. Sie wird vorrangig bei Angststörungen zur Bewältigung von Angstanfällen (bis hin zur Panikattacke), insbesondere der spezifischen oder sozialen Phobie, bei Zwangserkrankungen, aber auch bei generalisierten Angststörungen in Form einer „Sorgenkonfrontation“ eingesetzt. Die Wirksamkeit der Expositionsbehandlung bei Angsterkrankungen ist in vielen Studien untersucht und belegt worden. Bei der Exposition wird der Klient mit den für ihn angstauslösenden Objekten, Personen oder Situationen (z.B. U-Bahnfahrt) direkt in Verbindung gebracht und er wird vom Therapeuten angeleitet, so lange in der Situation zu verbleiben, bis die empfundene Angst des Klienten von alleine nachlässt.

Oft kommen Klienten mit Angststörungen jedoch erst einige Jahre nach dem ersten Auftreten ihrer Erkrankung in die psychotherapeutische Behandlung und viele Klienten haben sich in dieser Zeit  den angstauslösenden Objekten oder Situationen schon mehrfach selbst gestellt – und dabei oft aber erlebt, dass ihre Ängste nicht nachließen, sondern eher in Intensität und Häufigkeit zunahmen. Daher haben viele Klienten zunächst Schwierigkeiten, sich auf eine Exposition einzulassen und bevorzugen eher medikamentöse Therapien oder Entspannungsverfahren. Zudem erscheint ihnen die Idee, Angst mit selbstinduzierten Angstattacken zu bekämpfen, zunächst unlogisch und nicht hilfreich. Die Furcht vor Expositionen ist jedoch unberechtigt, denn beim Einhalten einiger wichtiger Regeln ist dieses Verfahren sehr effektiv und hilfreich, um endlich wieder angstfrei leben zu können.

Die verhaltenstherapeutischen Expositionsbehandlung basiert auf einer grundlegenden Erkenntnis der Lerntheorie – der Annahme, das Verhalten erlernt wurde und auch wieder verlernt werden kann. Denn es gibt auch faktisch kaum Ängste, die uns angeboren sind – fast alle wurden im Laufe des Lebens erlernt. Grundsätzlich ist bei Vorliegen einer Angststörung jedoch auch eine medizinische Abklärung sinnvoll, um mögliche körperliche Ursachen, z.B. neurologische Auffälligkeiten auszuschließen. Kommen dann als Ursache vorrangig psychische Faktoren in Frage, so ist eine Psychotherapie als Maßnahme sinnvoll und zweckmäßig. Für eine Konfrontation müssen Sie über keine Vorerfahrungen oder speziellen Eigenschaften (z.B. Ausdauer oder Mut) verfügen, alle notwendigen Informationen erhalten Sie im Laufe der Behandlung. Die moderne Expositionsbehandlung wurde seit Entwicklung der ersten Konfrontationsverfahren stetig weiterentwickelt und läuft heute prinzipiell in drei Phasen ab:

  • In der ersten Phase wird der Klient vom Therapeuten zunächst transparent über Inhalt und Ablauf einer Konfrontationsbehandlung informiert und gemeinsam werden die Behandlungsziele festgelegt. Das wichtigste Ziel stellt dabei eine angstfreies Leben dar – verlorene Freiräume zurückzugewinnen und wieder aktiv am Leben teilzunehmen. Daher ist der Motivationsaufbau der wichtigste Schritt, denn er hilft dem Klienten, unrealistische Befürchtungen oder Erwartungen abzubauen und das zugrundeliegende Konzept zu verstehen. Die Vermittlung eines individuellen Störungsmodells der Angststörung hilft dabei dem Klienten maßgeblich, denn oft kann der Klient bereits dadurch die Zweckmäßigkeit einer Konfrontationsbehandlung erkennen und sich so bewusst für diese entscheiden. Danach wird gemeinsam eine erste geeignete Exposition für den Klienten geplant.
  • In der zweiten Phase begeben sich Therapeut und Klient zunächst gemeinsam – je nach Art der Konfrontation entweder in Gedanken oder in der Realität – wiederholt in die angstauslösende Situation und der Klient setzt sich – unter Anleitung des Therapeuten – solange den Reizen aus, bis er sich an die Situation bzw. den Reiz gewöhnt und als Folge die Angst stetig und spürbar abnimmt. Klingt bedrohlich? Ist es nicht! Denn starke Angst kennen die Patienten bereits aus eigenen Vorerfahrungen nur zu gut. Eine Vermeidung der vermeintlich bedrohlichen Situationen hilft zudem den wenigsten Klienten auf Dauer, denn ein stetiger und kraftraubender Begleiter ist die „Angst vor der Angst.“ Eine völlig neue Erfahrung für viele Klienten ist jedoch das Nachlassen der Angst bereits nach wenigen Minuten, obwohl sich die Situation nicht verändert. Der Klient lernt also, die Bedrohlichkeit der Situation neu zu bewerten – nur dadurch, dass er einfach in ihr verharrt. Denn das Gehirn erstellt nun eine neue Verbindung zwischen der Situation und einem neuen Zustand – der zunehmenden Entspannung her. So wird Angstfreiheit „erlernt“ und die frühere Verknüpfung zwischen Angst und Situation quasi „überschrieben.“ Drei Faktoren sind für diesen Erfolg der Übungen entscheidend  – oft sind sie der Grund, warum frühere spontane Selbstkonfrontationen des Klienten vorher nicht zum gewünschten Erfolg führten:  Dauer der Übung, Intensität der aufgetretenen Angst und die Kontrolle des Sicherheits- bzw. Vermeidungsverhaltens. Für alle diese Faktoren gibt es wissenschaftlich fundierte Herangehensweisen und diese werden vom Therapeuten während der Übung überwacht und sie sind letztlich ausschlaggebend für den Erfolg der Übung. Vergleichbar mit dem Wunsch, sich selbst ein Musikinstrument näherzubringen. Berücksichtigt man nicht die nötigen Grundlagen und die Technik, stellt sich wahrscheinlich später auch kein durchschlagender Erfolg ein – ganz egal, wie häufig und regelmäßig geübt wird – als Folge tritt Frust und Enttäuschung auf. Eine Nachbesprechung nach der Exposition hilft dem Klienten, den Abfall der Angst nochmal zu realisieren und steigert die Motivation, sich zukünftig erneut den Situationen oder Reizen auszusetzen. So können im Anschluss dann weitere Expositionsübungen geplant werden, sollten weitere angstauslösende Situationen oder Reize vorliegen.
  • In der dritten Phase werden Klienten dann angeleitet, auf der Grundlage ihrer neuen Erfahrungen sich selbst im Alltag zu konfrontieren. Diese Selbstkonfrontationen verlaufen ebenfalls nach festen Regeln und Klienten können sich üblicherweise schon nach wenigen Übungen selbstständig und weitgehend angstfrei mit den für sie vormals sehr bedrohlichen Situationen bzw. Reizen auseinandersetzen. Regelmäßige Erfolgskontrollen und Anleitungen für das selbstständiges Üben helfen dem Klienten, auch weiterhin angstfrei zu bleiben.

Leiden auch Sie unter einer Angststörung (z.B. einer Phobie) und haben Sie es bisher vermieden, eine psychotherapeutische Behandlung, insbesondere eine Expositionsbehandlung in Erwägung zu ziehen? Vielleicht sind Sie durch diesen Artikel neugierig geworden und sehen dadurch eine Möglichkeit, in Zukunft wieder angstfrei leben und verlorene Freiräume zurückerlangen zu können. Viele Menschen haben sich durch Expositionsbehandlungen bereits erfolgreich ihren Ängsten stellen können und führen heute wieder ein angstfreies Leben – das können auch Sie!